Und wenn das ganze Bruch absäuft
Gartz/Schwedt (MOZ) Der Wasser- und Bodenverband Welse betreibt ab morgen keine Schöpfwerke mehr. Diese Aufgabe sollen neuerdings die Eigentümer erledigen, auf deren Grundstück die Schöpfwerke stehen. Empörter Protest kommt aus Gartz und anderen Orten.
Es ist das erste Mal im Land Brandenburg, dass ein Wasser- und Bodenverband seine Schöpfwerke abgibt. Andere Landkreise schauen mit Interesse auf die Uckermark. Das Thema steckt voller Sprengstoff.
Schöpfwerke pumpen Wasser aus Wiesen und Niederungen in höher gelegene Gebiete, sodass in den Niederungen Landwirtschaft betrieben und der Straßenverkehr rollen kann, bei Gartz zum Beispiel über die Bundesstraße 2.
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Jetzt müssen die seit 20 Jahren umstrittenen Satzungen der Wasser- und Bodenverbände neu geschrieben werden. Aus ihnen soll gestrichen werden, dass die Verbände Schöpfwerke als Pflichtaufgabe betreiben. So hat es das Oberverwaltungsgericht festgelegt.
„Das Umweltministerium wird keine Satzung mehr genehmigen, in der der Schöpfwerksbetrieb als Pflichtaufgabe drin steht“, erläutert Karsten Stornowski, Geschäftsführer des Wasser- und Bodenverbandes Welse. Er hat acht Ortschaften, darunter Angermünde, Schwedt, Gartz, Zichow und Berkholz-Meyenburg, den Schöpfwerksbetrieb aufgekündigt. Die fünf Landesschöpfwerke in der Region sind davon ausgenommen.
Die Kreisverwaltung als untere Wasserbehörde hat dies genehmigt und außerdem angeordnet, dass die Grundstückseigentümer die Schöpfwerke weiter betreiben müssen.
Ehrenfried Hartwig, Leiter des Landwirtschafts- und Umweltamtes der Kreisverwaltung Uckermark, stellt klar: „Wir setzen nur Recht und Gesetz um. Unser Ansprechpartner sind die Grundstückseigentümer. Die Stadt Gartz muss den Betrieb ja nicht bezahlen. Sie kann sich das Geld von den Bevorteilten zurückholen.“
Der Betrieb des Schöpfwerks Gartz kostet 97 400 Euro. Davon bezahlt das Land 56 500 Euro, der Rest müsste auf die Bevorteilten umgelegt werden.
Genau das ist der Punkt. Wie der Gartzer Amtsdirektor Frank Gotzman sagt, ist es schwer, alle Bevorteilten zu ermitteln. Bevorteilte sind zum Beispiel Kommunen, Landwirte und Kleingärtner. Die meisten von ihnen zahlen ohnehin schon an den Wasser- und Bodenverband. Sollen sie doppelt bezahlen?
Karsten Stornowski gibt zu, dass er versucht hat, mit den Bevorteilten Verträge abzuschließen, um den Weiterbetrieb als freiwillige Aufgabe finanzieren zu können. „Das ist uns nicht gelungen.“
Der Einzugsbereich des Schöpfwerks Gartz erstreckt sich nach Süden bis Friedrichsthal und nach Westen bis zur Gemeinde Hohenselchow-Groß Pinnow. Norbert Dittmann ist Bürgermeister dieser Gemeinde und gibt zu: „Da platzt einem der Kragen, was sich der Gesetzgeber ausdenkt. Der Wasser- und Bodenverband kann sich nicht aus der Solidargemeinschaft verabschieden.“
Aufgebracht kündigt Dittmann an: „Unsere Gemeinde wird einen offenen Brief an die Landesregierung schreiben und mitteilen, dass diese Verfahrensweise Betrug am Bürger ist.“ Das sieht Gerd Korrmann ganz genauso. Er ist Landwirt im Gartzer Ortsteil Hohenreinkendorf. „Die Bauern erdulden schon Restriktionen bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen. Jetzt kommt die Schöpfwerksauflage, da sind sie doppelt bestraft. Außerdem kann ich nicht nachvollziehen, warum gerade das Schöpfwerk Gartz ein Schöpfwerk 2. Ordnung ist. Hier geht es um den Hochwasserschutz. Da ist das Land in der Pflicht.“
In diesem Punkt pflichtet Karsten Stornowski ihm bei: „Wir haben versucht, das Schöpfwerk Gartz wegen seiner speziellen Aufgaben im Hochwasserschutz in ein Landesschöpfwerk zu überführen. Leider gab es keine Zustimmung.“
Amtsdirektor Gotzmann erinnert daran: „Die Schöpfwerkslandschaft sollte in den 90er-Jahren neu geregelt werden und der Betrieb an die Wasser- und Bodenverbände gehen. Sie sind fachlich am meisten geeignet, hat das Land damals gesagt, aber nichts getan.“
Dass jetzt die kleinen Kommunen diese Aufgabe übernehmen sollen, findet er „grotesk und traurig“. Gartz sei eine hochverschuldete Stadt und kriege nicht einmal die eigene Schule saniert. Grollend versichert Frank Gotzmann: „Damit große Teile des Gartzer Bruches nicht absaufen, wird die amtsangehörige Stadt Gartz das Schöpfwerk zunächst betreiben.“
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